Künstler & Rebell
Ernst "Schnully" Schnöller
Ernst "Schnully" Schnöller ist das was man sich unter einem Künstler vorstellt. Der Kreativgeist aus Elbigenalp ist über die Lechtaler Grenzen hinaus als Schnitzer und Bildhauer bekannt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, sagt was er denkt und hinterlässt mit seiner Kunst immer wieder Spuren im Lechtal. In einem Stück Holz mögen viele nicht viel sehen. "Schnully" aber hat die Gabe, daraus etwas wundervolles zu machen. Es geht ihm vor allem darum, zuerst die Tiefen und Strukturen noch vor den Details herauszuarbeiten.
Wir haben uns mit Schnully unterhalten und dabei noch so manch neues über ihn erfahren.
Wie kamst du selbst zum Schnitzen?
Schon mein Vater war Schnitzer - das liegt also bei uns in der Familie. Als mein Vater im “arbeitsreifen” Alter war, gabs im Lechtal nicht so viele Möglichkeiten zur Arbeit. Damals waren die Söhne auf den Bauernhöfen und haben sich einen Job als Heimarbeiter gesucht. Das war auch der Beginn von einer Schnitzschule in Elbigenalp. Die Schüler wurden nicht als Gesellen und Meister ausgebildet, denn es wurde einfach versucht Arbeitsplätze über die Wintermonate als Heimarbeiter zu schaffen. So hat das Schnitzen in Elbigenalp Tradition gefunden. Mein Papa hat sich nach einiger Zeit selbstständig gemacht und ich war als Kind schon immer in seiner Schnitzstube. Ich bin so eng damit aufgewachsen, dass ich gar nicht darüber nachgedacht habe, was ich sonst machen könnte. Es war für mich immer klar, dass ich dieses Handwerk auf meine eigene Art weiterführe.
Wie hast du deinen eigenen Weg gefunden?
Früher wurden oft profane Dinge gekauft und die Arbeit war anders. Es wurde in Serien gearbeitet - da gab es vor allem Kruzifixe, Bauernreliefs und Bauernfiguren. Nachdem ich 2 Jahr bei meinem Vater geschnitzt habe, hat mir das keine Freude mehr bereitet und ich hab gekündigt, aber gleichzeitig vorgeschlagen Miete zu bezahlen und wollte Auftragsschnitzer werden. Mein Vater und ich haben die kommenden 15 Jahre nebeneinander gearbeitet. Zu Beginn war es etwas schwierig, aber ich musste auch nicht so viel verdienen, um meine Kosten decken zu können. Mit der Zeit wurden die Aufträge immer mehr und mittlerweile bin ich großteils mit öffentlichen Aufträgen eingedeckt. ZB Burg Ehrenberg, Elmis Zauberland, Lechweg, Geierwally Bühne.
Ich bin eigentlich schon noch Holzschnitzer, aber ich seh mich mehr als Planer und Künstler & Bildhauer. Ich arbeite ja nicht nur mit Holz, sondern schnitze zB auch Eisfiguren am Dachstein.
Gibt es ein Kunstwerk, das dich besonders stolz macht?
Ja, die geschnitzte Geierwally Bühne am Lechufer vor gut 5 Jahren. Das war etwas ganz anderes! Kulissen aus Holz zu bauen, zwar mit Motorsäge, Schleifgeräten und Hobeln, aber trotzdem die Optik von Schnitzhandwerk zu behalten war spannend. In unserer Vorstellung war das wie eine geschnitzte Krippe in groß.
Vor einigen Jahre haben wir außerdem für die Auszeitdörfer (Kaisers, Gramais, Hinterhornbach, Boden, Bschlabs) Kraftplätze geschaffen, die finde ich selbst besonders schön & da empfehle ich allen Besuchern des Lechtals vorbei zu schauen.
Hast du auch einen Kraftplatz?
Ja am liebsten in Madau bei den Schafen meines Freundes & der Ort der Stille in Bschlabs sind meine zwei persönlichen Kraftplätze, da tanke ich gern Energie!
Du arbeitest ja auch noch mit anderen Materialien, oder?
Ja ich arbeite mit vielen Materialien. Ich bin Holz- und Steinhauer. Ich arbeite auch viel mit Schnee und Eis, zum Teil auch mit Metall, Styropor und Beton.
Mit welchem Material arbeitest du am liebsten?
Mit Allen. Denn die Mischung machts! Die Abwechslung ist es, was uns Künstler anzieht!
Gibts bei dir auch Phasen wo die Inspiration fehlt? Wenn ja, wo holst du sie dir wieder?
Natürlich gibts die bei mir auch. Ich glaube das sind die wichtigsten Phasen. Mozart hat ja schon gesagt “Alles ist komponiert, es muss nur noch geschrieben werden”. Im Winter geh ich gern Skifahren, oder ich mach auch mal gar nichts und lass die Seele baumeln. Ich hab mir ein Grafiktablet zugelegt und da zeichne ich oft gemeinsam mit meinen Kindern drauf - ohne Druck und Ziel und oft entsteht da etwas ganz Tolles. Oft denk ich mir dann plötzlich, Ja das kann ich verwenden, danach hab ich gesucht!
Wahrscheinlich schmeckt man deshalb auch genau diese Noten aus seinem “Biber & Engel Gin” heraus. Denn die wild wachsenden Botanicals wie etwa die Hauptbestandteile der Bibernelle, der Engelwurz und des Wacholders verleihen diesem geistreichen Small-Batch-Gin ein kräftiges und zugleich frisches Aroma, das den Duft und die Energie des Lechtals einfängt.
Nun hast du ja schon erzählt, dass die Arbeitsarmut der ursprüngliche Grund für die Popularität des Schnitzens im Lechtal war. Gibt es da noch weitere Gründe?
Es ist definitiv auf die Armut zurückzuführen. In diesem Zuge wurde damals die Schnitzschule gegründet und die wurde im Laufe der Zeit von selbst größer. Hier kommen viele Menschen aus dem deutschsprachigen Raum her, um dieses Handwerk zu lernen und in 4 Jahren zum Bildhauer ausgebildet zu werden. Die Schule ist sehr renommiert. Mittlerweile gibt es noch eine weitere, private Schnitzschule im Lechtal - geführt von Martin Geissler-Moroder und dessen Vater wurde damals ins Zillertal geholt um die erste öffentliche Schnitzschule aufzubauen. Martin hält ganz viele Workshops in diversen künstlerischen Disziplinen, wie zB Drechseln, Schnitzen mit Motorsäge, Bildhauerei, Malerei und vieles mehr.
Was unterscheidet das Lechtal im Bezug auf die Schnitzkunst vom Rest Tirols?
Im Bezug auf die ausgeübte Kunst und das Angebot gar nicht mehr so viel, dafür aber umso mehr im Bezug auf die Ausbildung, wegen der beiden Schulen im Lechtal, da sind wir federführend.
Hattest du auch schon “skurrile” Aufträge?
Besonders cool finde ich immer den Auftrag zum Eisschnitzen im Dachstein Gletscher, das ist schon ein wenig verrückt.
Wie findet man deine verrückten und auch weniger verrückten Werke denn?
Auf der Plattform “allesistgestaltbar”. Das ist eine Vereinigung von Künstlern, die es jetzt sicher schon 8 Jahre gibt. Wir machen hier alles. Unser Motto ist: “Wir sind die Besten in Sachen wo wir nichts können!” Das musst du dir so vorstellen: Wir machen hier viele Sachen, die vorher noch keiner gemacht hat, wo es auch noch keine Referenzen gibt. Wir eignen uns selbst ganz viel Wissen und Erfahrung an und müssen auch viel ausprobieren. Oft müssen wir eigenes Werkzeug erst bauen, logistische Pläne machen und viel herumtüfteln, bis wir zum gewünschten Ergebnis kommen. Das macht natürlich Spaß!
Wer ist noch Teil dieser Vereinigung?
Wir sind Bildhauer, Tischler, Schlosser, Fotoshopkünstler, Elektriker - also alles bunt gemischt! Wir wollten einfach alles anbieten können - von der Planung bis zum Werbefilm. Wir präsentieren hier nicht nur unsere Kunst, sondern akquirieren darüber auch Aufträge, vor allem weil wir ein rundum-Paket anbieten können!
Um den Bogen wieder zurück zu spannen: Wenn du jemandem begegnen würdest, der noch nie im Lechtal war, wie würdest du das Lechtal beschreiben & was macht das Lechtal für dich aus?
Das Lechtal ist ja ganz weit weg vom Inntal, das ist schon mal was besonderes ;) Ich denke ja oft wir gehören mehr zu Bayern, als zu Tirol. Wodurch wir aber vor allem geprägt werden ist der Lech. Das gibt es so ja nur 1 Mal in Europa. Auch der entschleunigte Tourismus ist etwas, das das Lechtal ausmacht. Besonders schön finde ich die Seitentäler wie Gramais, Madau, Hinterhornbach. Das sind für mich wunderschöne Plätze. Jemand der zum ersten Mal ins Lechtal kommt sollte sich unbedingt ein Rad nehmen, den Lech entlang fahren und gelegentliche Abstecher in die Seitentäler wagen.
Kann man von dir auch Schnitzen lernen?
Früher hab ich viele Workshops gegeben, heute mach ich das nur noch selten. Ab und zu für Stammkunden oder Jugendliche. Da geb ich gern die Basics mit, aber wirklich lernen muss man sich das selbst. Ich kann nur mein Know-how mitgeben, aber die wirkliche Lernerfahrung muss jeder für sich machen.
Was ist für dich das Spannende am Schnitzen?
Das Schöne an der Arbeit ist es etwas zu sehen, was andere nicht sehen. Die Hauptarbeit kommt immer vor der Kreativität. Zuerst müssen die Tiefen und Strukturen herausgearbeitet werden. Zuerst hat man ja nur ein Stück Holz oder einen Eisblock und eine Zeichnung oder die Vorstellung im Kopf. Die meisten Menschen verfangen sich sofort im Detail, wichtig ist aber mit der groben Struktur zu beginnen. Das ist es, was ich so spannend finde, die Mischung aus dem technischen und dem kreativen Prozess.
Das schönste ist für mich oft das Improvisieren, denn (gerade bei größeren Aufträgen) kommt man oft mit Modellen und der Planung nur bis zu einem bestimmten Punkt und dann heißt es flexibel sein und sich an die Gegebenheiten anpassen.
von Anja Ginther
03. Mai 2023